1494 – Die Leutschauer Konvention
Das prunkvoll ausgerichtete Familientreffen der Jagiellonen nahm am 6. April 1494 in Leutschau (Levoča, Slowakei) in der Zips seinen Anfang unter Anwesenheit der Söhne des ehemaligen Königs Kasimir IV von Polen. Dies waren der König von Ungarn und Böhmen Wladislaw II, König Johann I Albrecht von Polen, Herzog Sigismund, Erzbischof Kardinal Friedrich von Gnesen sowie deren Schwager, Markgraf Friedrich V von Brandenburg. (Großfürst Alexander von Litauen nahm nicht an der Konferenz teil.)
Obwohl die Osmanenfrage, die Lage von Moldau bzw. das Schicksal von Herzog Sigismund, dem einzigen der Jagiellonenbrüder, der zu keinem Kronland gelangt war, mit Sicherheit zur Sprache kamen, verhandelten die Könige und Markgraf Friedrich wahrscheinlich in erster Linie über ein gemeinsames Bündnis sowie über das Auftreten gegen den römischen König. Maximilian drohte nämlich nicht nur der ungarischen Regierung von König Wladislaw II, sondern konfrontierte den Markgrafen mit der Unterstützung der Reichsstadt Nürnberg. Die Jagiellonenbrüder dürften darüber hinaus während der Zusammenkunft bestimmte dynastische Bestrebungen verfolgt haben:
Sie wollten unbedingt die inneren Verhältnisse und die königliche Macht in den von ihnen regierten Staaten – vor allem in Ungarn – stärken. Davon zeugt ein geheimes Dokument, das von Wladislaw II und Johann Albrecht am Ende des Treffens ausgestellt wurde, kraft dessen sich beide Könige dazu verpflichteten, dass sie sich den aufständischen Untertanen des jeweils anderen Herrscher entgegenstellen würden. Die am 7. Mai abgehaltene dynastische Konferenz leistete einen großen Beitrag dazu, dass König Wladislaw II seine Position in Ungarn festigen konnte.
Tibor Neumann