Ungarn 1490
Am 6. April 1490 starb König Matthias Corvinus von Ungarn in Wien. Da er keine legitimen Erben hatte, berief der ungarische königliche Rat den Reichstag für 17. Mai in Buda ein, um den nächsten König von Ungarn wählen zu können. Obwohl König Matthias seinen illegitimen Sohn, Johann Corvinus, auf den Thron von dem mit Mähren, Schlesien, Lausitz, den östlichen Gebieten der österreichischen Erbländer äußerst erweiterten Königreich bestimmte, lehnten die ungarischen Stände schnell seine Wahl nach dem Tode des Königs ab. Der 17 Jahre alte Herzog fuhr mit der Heiligen Krone Ungarns von Ofen ab, aber die Truppen der Witwe, Königin Beatrix, sowie der Magnaten schlugen ihn am 7. März 1490 in Csontmező (Südtransdanubien) nieder.
Die wahrscheinlichen Kandidaten waren zwei Habsburgerherrscher, Kaiser Friedrich III und sein Sohn, der römisch-deutsche König, Maximilian bzw. die zwei Jagiellonen, König Wladislaw von Böhmen und Herzog Johann Albrecht von Polen, die sich alle durch Boten für Ungarn anmeldeten. Die Habsburger beriefen sich auf den Vertrag von Wiener Neustadt (1463), der ihnen nach dem Tode von Matthias Corvinus den Thron Ungarns garantieren sollte, die Jagiellonen hingegen auf ihre Herkunft, da ihr Großvater mütterlicherseits, Kaiser Albrecht II. von Habsburg, ehemals auch König von Ungarn (1437-1439) war.
Es war König Wladislaw von Böhmen, der am 15. 7. zum ungarischen König gewählt und dann am 19. 9. in Stuhlweißenburg gekrönt wurde. Der neue Herrscher startete seine Regierung in einer unmöglicher Lage: Sein Bruder, Herzog Johann Albrecht, verließ Ungarn nicht, sondern eroberte Nordostungarn bzw. belagerte im September 1490 Kaschau, die größte Stadt in dieser Region. Mittlerweile erwarb König Maximilian ein Heer, mit dem er im August und September Wien und die anderen in ungarischer Hand befindlichen Burgen stürmte. Anfang Oktober überschritt er die Grenze und zog leicht in Richtung der ungarischen Hauptstadt, Ofen. Seine Truppen nahmen die Krönungsstadt Stuhlweißenburg ein, die unbezahlten Söldnerscharen lehnte doch unter Ofen gegen ihn auf, so ließ er einen Teil der Armee in den eroberten Bürgern in Ungarn, dann kehrte er ins Reich zurück.
Bald darauf, zu Weihnachten 1490, schlossen die Gesandtschaften beider Parteien in Ungarisch-Altenburg (Mosonmagyaróvár, Ungarn) einen Waffenstillstand mit Gültigkeit bis zum nächsten Georgstag (23./24.4.1491). Daraufhin reiste König Wladislaw II eilig zur Befreiung von Kaschau ab. Bevor sich die zwei Jagiellonenbrüder miteinander im entscheidenden Kampf engagiert hätten, legten sie den Streit bei und schlossen am 20. Februar 1491 bei Kaschau einen Friedensvertrag, in dem Herzog Johann Albrecht auf seinen Anspruch auf den ungarischen Thron verzichtete. Dies eröffnete König Wladislaw die Möglichkeit, um sich mit dem gesamten Heer gegen Maximilian wenden zu können. Im Juli 1491 kamen die Ungarn zur Belagerung von Stuhlweißenburg, die Stadt wurde am 25. Juli 1491 nach 6 Wochen erobert. Dieser Erfolg sowie der bevorstehende Krieg Maximilians in der Bretagne bahnten den Weg für den Friedenschluss, der am 7. November 1491 schlussendlich nach langen Verhandlungen in Preßburg zustande kam.
Tibor Neumann
Ungarn 1515
Die Herrschaft Wladislaus II in Böhmen (1471-1516) und Ungarn (1490-1516) war nach den Thronfolgekriegen und den inneren Konflikten der ersten Hälfte der 1490-er Jahre– entgegen der bisherigen historischen Tradition – stabil, aber nicht problemlos. Der König nahm nicht an den gegen die christlichen Ländern gerichteten Kriegen teil, der immer stärker werdende osmanische Druck an der Südgrenze bedurfte aber ständiger militärischer Bereitschaft. Der Schutz der Grenzburgen und der Unterhalt einer ständigen Armee bedeuteten unlösbare finanzielle Probleme. Meistens herrschte während der Herrschaftszeit Wladislaws Frieden zwischen dem Königreich von Ungarn und dem Osmanischen Reich, doch an der Grenze fanden ständige Einfälle, Kämpfen und sogar Belagerungen statt.
Die Grenzburgen konnten die Angriffe zwar abwehren, es galt jedoch als ein unheilvolles Zeichen, als das Banat von Srebernik (heute Srebernik, Bosnien-Herzegowina) in 1512 verlorengegangen ist. Infolgedessen organisierte der Hauptkanzler des Königs, Johann Bakócz, einen Kreuzzug, doch der Feldzug gegen die Osmanen wurde zu einem Bauernaufstand. Ein anderer Feldzug, der vom siebenbürgischen Woiewoden Johann Szapolyai geführt wurde, erreichte auch nicht sein Ziel. Der Woiewod erlitt bei Zsarnó (heute Žarnov, Serbien) eine Niederlage.
Wladislaus II erbte die schwierige politische Lage seines Vorgängers Matthias Corvinus: Im Vergleich zu den riesigen Güterkomplexen der Magnatenfamilien waren die königliche Güter sehr klein. Im Fall der Familie Szapolyai, die von König Matthias aus dem niederen Adelsstand zu Magnaten erhoben wurde, führte dies zu einem die ganze Epoche hindurch bestehenden Problem. Wladislaw war bestrebt, die Übermacht der Szapolyaier auszugleichen, als er das riesige Vermögen von Johann Corvinus, Sohn von König Matthias Georg, dem Markgraf von Brandenburg übertrug. Die Heirat zwischen seinem Bruder Sigismund, König von Polen, und Barbara Szapolyai im Jahr 1512 sicherte auch die Treue der Familie Szapolyai gegenüber dem König.
In den letzten Lebensjahren wollte der von 1504 öfters kränkelnde König die spätere Macht seines Sohns versichern: Er ließ Ludwig zum König von Ungarn und von Böhmen krönen, schuf eine neue, dem Haus Jagiello gegenüber loyale Aristokratie. Auch von den alten Magnatenfamilien konnte er viele Vertreter auf seine Seite ziehen. Obgleich Wladislaw wegen des Haushaltsdefizits eine engere Verbindung zu den Ständen aufrecht erhalten musste, konnten der König und der königliche Hof die meisten inneren Ereignisse unter ihrer Kontrolle halten.
Tibor Neumann
Ungarn 1530
1530 hatte Ungarn zwei Könige. Beide wurden legitim gewählt und gekrönt. Johann Szapolyai wurde mit der Heiligen Krone Ungarns im November 1526, Ferdinand im November 1527 gekrönt. Danach trug Szapolyai den Name Johann I. Die politische Lage nach der Schlacht von Mohács wurde von den Zeitgenossen als unruhiges Zeitalter bezeichnet. Zwischen den Anhängern der beiden Könige tobten heftige Kämpfe, der Adel wechselte häufig seine Parteizugehörigkeit. Doch dieses unruhige Zeitalter kann nicht als ein einfacher Bürgerkrieg bezeichnet werden: Die Osmanen stellten nicht bloß lediglich eine Bedrohung dar, sie waren die facto präsent. Der Szerémer Komitat an der Südgrenze Ungarns (heute Kroatien und Serbien) wurde von türkischen Truppen besetzt. 1529 zog die Armee von Sultan Suleiman durch Ungarn, um Wien zu belagern. Zur gleichen Zeit eroberte König Johann mit Hilfe des Sultans einen großen Teil des Landes von Ferdinand zurück. Er war auch infolge des Friedens von Olmütz, der noch zwischen den Königen Matthias Corvinus und Wladislaw geschlossen wurde, Titularherrscher der Nebenländer der böhmischen Krone, Mähren, Schlesien und Lausitz. Doch in Wahrheit waren diese Länder unter der Herrschaft Ferdinands. Nach den türkischen Geschichtsschreibern küsste König Johann in dem auf dem Mohácser Schlachtfeld aufgeschlagenen Zelt die Hand Suleimans, der seinen Beauftragten, den venezianischen Alvisio Gritti, in die Regierung des Königs als Schatzmeister brachte. Ferdinand konnte nur über den kleinen Teil des Königreichs, über das von den Türken stark bedrohte Kroatien, Slawonien und über den westlichen Rand des Landes herrschen. Zwei Regierungen waren somit nebeneinander tätig, die Untertanen beider Könige hielten gesonderte Landtage.
Im Konflikt der beiden Herrscher nahmen die Türken an der Seite König Johanns teil. Im Herbst 1530 begannen die Verhandlungen zwischen Ferdinand und Johann und der Krieg fing von Neuem an. Die Gesandten verhandelten über den Frieden in Posen (heute Poznań, Polen) durch Vermittlung Sigismunds, des polnischen Königs, und Georgs, des Herzog von Sachsen. Inzwischen, im Oktober 1930, zog der Feldherr Ferdinands, Wilhelm von Roggendorf, mit seinem Heer, das ca. zehntausend Mann umfasste, gegen Buda. Er nahm Gran (Esztergom) und Visegrád ein und belagerte die Hauptstadt fast zwei Monate lang. Die Abwehr von Buda wurde von König Johann und Gritti geleitet. Im Lager Roggendorfs waren Ungarn, Deutsche, Österreicher, Böhmen und Spanier, in der Stadt kämpften Ungarn, Serben und Türken.
Im Belagerungslager brach eine Seuche aus. Als die Nachricht eintraf, dass die türkische Befreiungsarmee schon in der Nähe von Buda sei, zog sich Roggendorf zurück. König Johann ernannte Gritti zum Gubernator. Diese Ernennung war gegen die Gepflogenheiten, weil der König mündig war. 1531 verhandelten die Kriegsparteien über eine Waffenruhe. Das Land blieb zerrissen. Die Könige Ferdinand und Johann schlossen erst 1538 Frieden, das Land konnte sich aber darüber nicht besonders lang freuen. 1541 wurde Buda und das Zentrum des Landes von den Türken besetzt, Siebenbürgen in einen osmanischen Vasallenstaat gewandelt.
István Tringli